Die Bundesregierung residiert schon lange in Berlin – aber das Gästehaus der Regierung auf dem Petersberg bei Bonn, hoch oben im Siebengebirge, existiert weiter. Das Haus liegt „in einer Landschaft, die viele als Synonym für Deutschland ansehen“. Das sagte die damalige Bundesbauministerin Gerda Hasselfeldt, als sie vor 25 Jahren, am 20. Juli 1990, auf dem Petersberg am Rande des Siebengebirges bei Königswinter hoch über dem Rhein das neue Gästehaus der Bundesregierung vorstellte. Nach fünf Jahren Bauzeit – und harscher Kritik. 128,6 Millionen Mark hatte der Um- und Neubau des dort seit 1888 existierenden Hotels, ursprünglich im Stil der deutschen Renaissance gebaut, schließlich gekostet. Symbolik zuhauf an einem Ort und – 1990 – zu einer Zeit, da nicht abwägbar war, ob der Standort der Staatsherberge auf Dauer tragen würde. Diese Frage ist längst beantwortet: Berlin ist Hauptstadt und der Petersberg ein Grandhotel geworden. Und der große Park lädt zum Spaziergang ein – ohne die spähenden Augen des Bundesgrenzschutzes, der das Anwesen in den 90er Jahren zu bewachen hatte.

Im Besitz der Duftwasser-Dynastie 4711
Der Petersberg hat nicht nur eine bewegte Geschichte, er ist selbst Geschichte geworden. Das ursprüngliche Hotel, im Dreikaiserjahr entstanden, hatte wenig Fortune und wurde noch vor dem Ersten Weltkrieg zwangsversteigert. Es kam in den Besitz der Kölner Duftwasser-Dynastie 4711. Ein neubarockes Kurhotel entstand, das dann allerdings erst ein Vierteljahrhundert später erste politische Berühmtheit erlangte. Hier wohnte 1938, auf dem Höhepunkt der Sudetenkrise, der britische Premier Chamberlain, der sich auf der anderen Rheinseite, im Godesberger Hotel Dreesen, mit Adolf Hitler traf. Kurz darauf wurde das „Münchner Abkommen“ unterzeichnet, das die Abtretung des Sudetenlandes an das Deutsche Reich besiegelte.
Ein selbstbewußter Konrad Adenauer
Nach dessen Untergang nahmen 1945 die Alliierten den Petersberg in Beschlag: Bis 1952 war er Sitz der Hohen Kommissare. Dort auch hatte Konrad Adenauer, der erste Kanzler der Republik, sein erstes Bundeskabinett vorzustellen. Und dort geschah es dann, daß der „Alte“ in der ihm eigenen rheinischen Chuzpe alles Protokoll beiseite wischte, den Distanz markierenden trennenden Teppich zu den Kommissaren wie selbstverständlich betrat und so eigenes Selbstbewußtsein demonstrierte.
Elizabeth ließ das Trinkwasser einfliegen
In der Folge haben die Mauern des Petersbergs eine stattliche Zahl illustrer Staatsgäste gesehen. 1955 residierte hier der persische Schah Mohammed Reza Pahlewi mit Kaiserin Soraja samt Gefolge in 30 Zimmern. Zehn Jahre später kam Königin Elizabeth – sie ließ nicht nur schwergewichtiges Tafelsilber aus dem Buckingham-Palace einfliegen, sondern auch das Trinkwasser aus London. Einer der letzten Gäste in den 70er Jahren, bevor das Haus erneut in eine Art Dornröschenschlaf versank, war 1973 der sowjetische Generalsekretär Leonid Breshnew, für den eigens ein bereits geschlossener Flügel des Gebäudes wieder eröffnet wurde. Er sorgte für einen allerdings unpolitischen Crash. Breshnew fuhr auf der kurvenreichen Strecke zu Tal einen Mercedes zu Bruch, den er von Gastgeber Willy Brandt erhalten hatte.

Auch heute noch Gästehaus der Regierung
Danach wurde das Hotel erneut geschlossen, bis es die Bundesregierung nach dem Erwerb zwischen 1985 und 1990 umbauen ließ. Aber auch nach dem Berlin-Umzug der Bundesregierung ist der Petersberg weiterhin Gästehaus des Bundes, er fungiert gewissermaßen als „deutsches Camp David“. Allerdings hat die Bundesregierung auf ihr früheres Erstbelegsrecht verzichtet. Deshalb können nunmehr alle Absprachen mit Veranstaltern verbindlich bestätigt werden, was für den Pächter, die Gruppe Steigenberger, zu mehr Planungssicherheit führt. Zu den prominentesten Regierungsgästen nach dem Berlinumzug zählten der ägyptische Präsident Mubarak (2004) und Michail Gorbatschow (2005), der allerdings schon einmal, nämlich 1990, Gast auf dem Petersberg gewesen war – damals noch als Generalsekretär der KPdSU.
Schumi heiratete in romantischer Umgebung
Wer heute oben residieren will, muß einiges aus der Privatschatulle hinblättern. Gepfefferte Preise waren aber beispielsweise für Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher natürlich kein Problem. Und so hatte der Petersberg am 5. August 1995 ein besonderes, allerdings unpolitisch-spektakuläres Ereignis: Der Rennfahrer ließ sich hier oben, in der zum Komplex gehörenden barocken St.-Peter-Kapelle, mit seiner Frau Corinna trauen.