Tschechien wird mit vielen Assoziationen verknüpft. Die einen denken an Prag, das Paris des Ostens. Die anderen denken an billiges und gutes Bier und deftige Küche zu erschwinglichen Preisen. Manche denken an billiges Einkaufen, andere an weite Felder und hüglige Landschaften. Mittelalterliche Städte und der Glanz der österreichischen Doppelmonarchie treffen auf sozialistische Erbe.

Die Orte, die wir besuchen sind meist die erwähnte Hauptstadt oder die Dörfer unmittelbar an der Grenze in denen alles irgendwie billiger zu sein scheint. Vielleicht die bekannten Kurorte Marienbad und Karlsbad mit ihrem Glanz vergangener, mondäner Tage. Andere haben das böhmische Riesengebirge im Vergleich zu Resorts in Österreich, der Schweiz oder Frankreich als preiswerte Alternative für Wintersport entdeckt.

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Trotzdem bleibt die tschechische Landkarte für viele noch ein weitgehend blinder Fleck. Eine der pittoreskesten Ecken des Landes ist die Region im nordöstlichen Böhmen, am Mittelflusslauf der Iser, die von den Tschechen selbst Český ráj, das Böhmische Paradies, genannt wird.

Historisch ist die Region eng verbunden mit der Figur Albrecht von Wallenstein. Der Feldherr im Dreißigjährigen Krieg, der Oberbefehlshaber der kaiserlichen Armee, der schillernde Politiker, der gegen die Protestanten, Dänen und Schweden kämpfte und dann beim Kaiser in Ungnade gefallen, ermordet wurde. Der Wallenstein, dem Schiller sein bekanntes Drama widmete. Er hat hier zahlreiche Spuren hinterlassen. Seine Militärdienste verhalfen ihm zu Reichtum und Herrschaft. Dank ihm entstand die barocke Landschaft in der Region um die Stadt Jičín und die Stadt selbst wurde zu der größten architektonischen Perle des Böhmischen Paradieses.

Visuell vertraut wirkt die Region aber auch, weil sie Kulisse für zahlreiche Filmproduktionen war und ist. Die Schlossparks und Schlosshöfe, die Burgen Kost, Frýdštejn, Valečov, Valdštejn, Trosky und Zvířetice, der Weiher Věžický rybník oder die historischen Landgüter Kopicův und Dlaskův statek. Orte an denen zahlreiche Aufnahmen für die berühmten tschechischen Märchenfilme gemacht worden sind. Aber auch Außenaufnahmen für große Hollywoodproduktionen sind im Böhmischen Paradies entstanden, darunter Mission Impossible 4, Van Helsing, Die Gebrüder Grimm und Hellboy.

Neben manch kultureller Blüte ist es aber vor allen die Landschaft, die zum Wandern und Bergsteigen, zum Klettern und Fahrradfahren einlädt. Zahlreiche Seen bieten Möglichkeiten zum Baden, Entspannen und für Wassersport. Die Region wurde zum ersten tschechischen UNESCO-Geopark erklärt.

Beeindruckend sind vor allem die bizarren Felsformationen und Felsenstädte. Die Sandsteinfelsenmassive stammen aus dem Mesozoikum, als das gesamte Gebiet vom Meer überflutet war. Durch die gewaltigen tektonischen Kräfte wurde das Gebiet viele Millionen Jahre lang ausgehoben, das Wasser ging zurück und der Meeresboden hat sich in eine Reihe von selbständigen Tafeln aufgeteilt, die die Grundlage für die heutigen Kleinode des Český ráj – Suché skály, Prachovské skály, Hruboskalsko, Příhrazské skály und andere bildeten.

Diese Felsenstädte sind heute meist Naturschutzreservate, für Besuchergruppen aber begehbar. Die einzigartigen Felsen sind für jeden Klettersportler eine Herausforderung. Die Felsen wurden von demjenigen benannt, der sie als erster erklommen hatte. Beeindruckend, atemberaubend, vor allem auch, weil so unerwartet. Aber auch wer kein Kletterkünstler ist, kann auf gut gesicherten Pfaden durch Felsspalten wandern und beeindruckende Ein- und Ausblicke erfahren.

Das Böhmische Paradies bietet somit Schauwerte, die man in den USA oder Australien, in Afrika oder den Anden, aber nicht im kleinen Nachbarland vermutet hätte.

prachovskeskaly.com

cesky-raj.info