In den Siebziger Jahren muss es herrlich hier gewesen sein: man flog mit dem Linienflugzeug ins trubelige Neapel, setzte mit der Arealauro-Fähre nach Ischia über und reiste das letzte Stückchen über die größte der Inseln im Golf von Neapel mit dem Bus zurück. Angekommen im beschaulichen Dorf Barrano d’Ischia, ganz im Süden der Insel, erwartete einen der Deutsch sprechende Italiener mit Namen Enrico, der die staunenden Touristinnen aus Deutschland galant die Treppe zur Pension führte. Worte wie idyllisch, ruhige, molto tranquillo kommen in den Sinn und die Augen leuchten voller Kaktusblüten, Feigenbäume, azurblauem Meer und dem noch blaueren Himmel. Italien, Dolce Vita, endlich ein paar Wochen Urlaub auf Ischia! Auf einer Insel mit dem längsten Strand im ganzen Golf, einer eindrucksvollen Bucht und vielen, niedlichen, bunten Holzhütten, die sich am ganzen Strand entlang säumen und frischen Fisch, Muscheln, köstliches Gelati und Vino zu erschwinglichen Urlaubspreisen bieten.

Urlaub mit Thermalquellen

Ischia, ein Thermalquellen-Kurort mit Vista sul Mare – was will man mehr? Heilbäder mit Entschlackung, Rheuma-Massagen, Maniküre, Pediküre und zwischendurch Baden im Meer. Herrlich, gleich im Zimmer reißen wir unsere Baumwollkleidung vom Leib und tauschen sie gegen italienisches Leinen. Nichts anderes als einen Bikini oder Leinenkleider kann man hier auf der Haut tragen. Noch ist sie bleich, aber schon nach zwei Tagen entdecken wir voller Begeisterung einen leichten Bikinistreifen (und Sonnenbrand). Wir werden braun, glücklich und fühlen uns wie Italienerinnen!

Ischia - Eine Insel mit dem längsten Strand im ganzen Golf. Foto: 2benny, flickr.com, CC BY 2.0
Ischia – Eine Insel mit dem längsten Strand im ganzen Golf.
Foto: 2benny, flickr.com, CC BY 2.0

Größte Attraktion ist der Kiosk

Es gibt nicht so viel zu erkunden, aber das macht uns nichts: einen Kiosk, zehn Restaurants unten im Dorf und oben auf dem sehr steilen Berg im Nachbardorf den einzigen Supermarkt. Sehr typisch italienisch hat der mittags einige Stunden geschlossen, aber ohnehin ist es viel zu heiß, troppo caldo, um sich in der Mittagshitze mehr zu bewegen, als auf der Sonnenliege am Strand oder auf der Terrasse der kleinen Pension. Zuhause in unserer deutschen Großstadt sind wir doch, seien wir mal ehrlich, immer überfordert mit den Einkaufsmöglichkeiten. Da ist es schön, wenn man im Urlaub die Einfachheit zu schätzen weiß. Drei Sorten Shampoo, eine Duschlotion und zur Auswahl auch nur drei Sorten Milch. Va bene, reicht doch auch!

Pension statt Bettenburg

Zurück in die Pension. Kein Hotel, bitte, sondern immer ein „Bed & Breakfast“ wählen, für individuelle Bewirtung und Wohlfühlfaktor. Denn so bekommt man täglich frische Tomaten aus dem eigenen Garten gepflückt, kann sich die für die Region typischen Zitronen schmecken lassen und sich an den vier Sorten Basilikum erfreuen. Was braucht man mehr außer, vielleicht ein bisschen Mozzarella di Bufalo aus dem Supermercato? Und was uns besonders gefällt: Wir dürfen, weil wir so nett gefragt haben, als einzige Pensionsgäste das Frühstück statt am Bufett im Speiseraum auf eine Tablett auf der Terrasse oben essen. Müsli, Kaffee, Obst mit Meerblick – der schönste Start in einen neuen Tag. Und das im Bikini.

Eine ehemalige, heute jedoch nur noch für touristische Zwecke genutzte Felsenwohnung auf der Insel Ischia. Foto: Chiara Marra, flickr.com, CC BY 2.0
Eine ehemalige, heute jedoch nur noch für touristische Zwecke genutzte Felsenwohnung auf der Insel Ischia.
Foto: Chiara Marra, flickr.com, CC BY 2.0

Einzig Sorge macht die Strandlektüre

Runter zum Strand, dort kommt alle zwei Tage eine deutsche Tageszeitung an und der sechzigjährige Kioskhändler Maurizio kennt schon nach wenigen Tagen unsere Lesevorlieben. Nein, deutsche Magazine kommen immer erst eine Woche nach dem Erscheinen in der Heimat. Aber hey, es ist Urlaub, wir wechseln den Tagesablauf zwischen Baden am Morgen, Strand am Mittag, Busausflug ins Nachbardorf am Abend und nächtlichen Weingenuss auf der Terrasse je nach Gusto ab. Nur diese Stechmücken, die nerven! Aber dank einheimischer Tipps wissen wir, dass Rasiercreme besser hilft, als jedes teure Anti-Mücken-Mittel.

Wir genießen den stundenlangen Blick über das Meer, zählen voller Begeisterung die Boote, Yachten und Segelschiffe, die am Ende der Woche in der Bucht liegen und ab montags wieder abreisen. Unsere einzige Sorge ist, dass wir alle Bücher durchgelesen haben. Doch wir sind froh, dass es keinen Sozialstress durch Kino oder Theater oder Konzerte gibt, denn es findet durchschnittlich eine Veranstaltung pro Tag auf ganz Ischia statt, die aus ca. sieben großen Dörfern besteht. Immer diese innere Unruhe und das Gefühl, etwas zu verpassen, das existiert auf Ischia einfach nicht. An den meisten Tagen sind wir einfach nur in unserem Lieblingsabschnitt am Strand und erfreuen uns am gewohnten Urlauberinnendasein.

Zudem verfügt die Pension über eine wunderbare Hausbibliothek aus Simmel, Konsalik oder Agatha Christie und wir erlauben uns neben ausgiebigen Siestas ab und an am Abend deutsche Nachrichten im Speisesaal zu schauen. Aber dann, früh ins Bett und mit den Sonnenstrahlen und dem Grillengezirpe wieder aufstehen!

Molto felice

Ach, wie molto felice sind wir auf Ischia. Wir sind zwar im Sommer hier, aber falls wir das nächste Mal kommen, dann im Herbst oder Frühling, damit wir wandern können, ohne Hitzeschlag! Der Fisch, der Vino, das Kokoseis, einfach alles schmeckt so viel besser, als wir es in Deutschland je kaufen können. Und nach zwei Wochen im Bikini, den heilsamen Bädern und der wohltuenden italienischen Sonne mögen wir gar nicht wieder zurück. Zudem würden uns Mario, Luigi und Antonio fehlen, der Busfahrer, der Restaurantbesitzer, der Liegenverkäufer am Strand…hach, flirten können sie, die Italiener!

Auf Facebook grüßen wir aus den 70ern

Aber dann naht der Abschied. Und wir tun eins: wir zücken unser Iphone. Wir machen ein Foto von uns vor traumhafter Meereskulisse. Und laden es bei Facebook hoch. Wir sehen aus, wie unsere eigenen Mütter, die in den Siebziger Jahren mit ihren Eltern das erste Mal in Italien waren. Eiscreme, Strand, Muscheln, Italiener, die gebrochenes Deutsch sprechen. Wie herrlich simpel das Leben doch sein kann. Nur ein Problem gibt es: das W-Lan in der Pension ist schon wieder kaputt. Gut, dann machen wir eben nur ein Foto. Und checken erst in Deutschland wieder bei Facebook ein. Denn wir wollen unser italienisches Dolce Vita nicht verlieren. Es war einfach zu schön, so eine Zeitreise ins beschauliche, friedliche Italien der Siebziger…

Teaserbild: Renzo Ferrante, flickr.com, CC BY 2.0