Um das, was man in Poniklá, einem kleinen Ort im Riesengebirge, antrifft zu begreifen und richtig einordnen zu können, beginnt unsere Reise ausserhalb Tschechiens in Istanbul. Dort hat der türkische Schriftsteller und Nobelpreisträger Orhan Pamuk 2012 das „Museum der Unschuld“ eröffnet. Eine Art Museum zu seinem gleichnamigen Roman oder umgekehrt. Zu seiner Idee von Museum hat er ein Manifest formuliert, das sich gegen die großem Nationalmuseen mit ihrem kollektiven Erinnern wendet und die Erinnerung und Bewahrung des einzelnen Schicksals dieser Massenerinnerung ergänzend gegenübergestellt.

Jiří Erben, CC BY-SA 4.0
Jiří Erben, CC BY-SA 4.0

„Nun sollten wir uns darauf vorbereiten, den Übergang vom großen Nationalmuseum zum kleinen Individualmuseum zu vollziehen. Nur kleine Museen können den Einzelnen würdigen, seine Menschlichkeit, sein Schicksal, seine Kreativität. Deshalb sage ich: Bitte vergesst nicht, auch kleine Museen zu fördern.“ (FAZ , 06. Juni 2014).

Wer den geräumigen Holzschuppen des „Museums der Gewerbe im Riesengebirge“ in Poniklá betritt, mag sich in einem riesigen Lager von Krempel oder auf einem Flohmarkt wiederfinden – böse Zungen könnten es auch für eine Sperrmülldeponie halten. Doch dieser kleine Raum, diese umgebaute Scheune, trifft den Diskurs um Erinnern und Vergessen, um Aufbewahren und Wegwerfen vielleicht besser, als es millionenteure Prachtbauten mit ihrer geschützschweren Museumspädagogik zu leisten imstande sind. Erinnern ist am Ende ein persönlicher Prozess…

So hat in Poniklá Jana Pičmanová und ihr Mann, ein kauziges Pärchen, ihre Sammelleidenschaft institutionalisiert und Zeugnisse der letzten Jahrzehnte  und Jahrhunderte musealisiert, die das Leben im Riesengebirge dokumentieren. Dabei wird ein Bogen gespannt von der K&K-Zeit, über den Sozialismus bis in Gegenwart. Viele dieser Gegenstände wäre ohne sie nicht mehr erhalten und ausstellbar. Die Wertigkeit, was erinnert werden soll und was nicht, ist bei ihnen sicherlich eine andere, als bei einem professionellen Museum. Zu sehen sind  Wirtschaftsmaschinen zur Flachsverarbeitung und Perlenerzeugung, Geräte aus dem Schusterhandwerk und der Landwirtschaft. Aber auch Lampenperlenmuster, Handarbeiten, zeitgemäße Schlafzimmer, Puppen und Spielzeuge… bis hin zu Computern und Rechenmaschinen aus mehreren Jahrzehnten.

Eine Anmeldung ist empfohlen und auch der persönliche Kontakt zu den beiden Museumsbetreibern, lässt den Besuch zu einer wahren Zeitreise werden, etwas unvermittelt und ohne Kontext wären auch sonst die Ausstellungsstücke, gäbe es nicht jemanden, der ihre Geschichte erzählt.

Poniklá kann zudem noch mit einer kleinen Fabrik für Weihnachtsschmuck aufwarten. In der kleinen Firma Rautis werden aus kleinen Glasperlen Weihnachtsschmuck gefertigt. Es ist die letzte derartige Produktionsstätte in Tschechien. Neben dem kleinen Laden der Fabrik kann auf Anfrage auch eine kleine Besichtigung und Vorführung gebucht werden.

krkonose-museum.ck, www.krkonose-ubytovani.eu (Museum), krkonose-ubytovani.eu (Perlenfabrik)