Manchmal sind es auf den ersten Blick unscheinbare Flecken, ausserhalb oder ganz am Rande touristischer Zentren, die fast verschämt besondere Reize bieten. Ein solches Beispiel ist die Landschaft zwischen Luganer und Comer See, ein hügeliges Grün, das eingezäunt ist von den Gipfeln der Lepontiner Voralpen. Und ganz im Osten, weit weg und optisch doch nah, winken schneebedeckte Berge. Wo das ist, sagen die Strassenschilder am Ceresio: Da ist beispielsweise St. Moritz. Aber in der Nähe, zwischen Luganer und Comer See also, genauer: zwischen den Städtchen Porlezza und Menaggio, gibt es seit einiger Zeit ein Dorado für Radwanderer. Es ist die Eisenbahntrasse einer Schmalspurbahn, die es längst nicht mehr gibt.

Foto: Gerrit Burow, flickr.com, CC BY 2.0
Foto: Gerrit Burow, flickr.com, CC BY 2.0

Eine Eisenbahntrasse als Radwanderweg

„Gestern im Zug – heute mit dem Rad“, heißt der Werbespruch für diese etwas mehr als zwölf Kilometer lange Wegstrecke, die von Porlezza am oberen Ende des Luganer Sees (zehn Kilometer östlich von Lugano) ausgeht, den Lago di Piano streift und dann über die Berge nach Menaggio am Comer See führt. Alte, auch verwunschene Dörfchen kann der Radwanderer entdecken, Tavordo, S. Pietro Sovera, Bene Lario – Grona oder Grandola et Uniti. Und kleine Museen, die von der reichen Geschichte und Kultur der Gegend erzählen: Das Molkereimuseum in Carlazzo, das Etnographische Museum in Grandola et Uniti oder das Druckereimuseum in Carlazzo.

Zur Entwicklung des Tourismus

Worauf das alles aufbaut, das hatten die Menschen vor Ort zu Pfingsten 2012 im Rathaus zu Grandola et Uniti gemeinsam gefeiert. Denn es waren genau 130 Jahre ins Land gegangen, seit die Pläne der ursprünglichen Schmalspurbahn, es war im Jahr 1862, von den Behörden verabschiedet worden waren und mit dem Bau begonnen werden konnte. Dies wurde in erster Linie dadurch möglich, dass mit der politischen Einigung Italiens der Weg frei wurde für neue technische Entwicklungen. Hier war das Land gegenüber den europäischen Nachbarn in Rückstand geraten. Im Fall der Kleinbahn Porlezza – Menaggio bedeutete dies, einerseits den Menschen im unmittelbaren lokalen Umfeld neue Beförderungsmöglichkeiten anzubieten, vor allem aber ging es um die Entwicklung des Tourismus im Gebiet der drei großen lombardischen Seen. Dies hieß ökonomischer Fortschritt, die Weiterentwicklung geographische Randgebiete.

Das Ende kam mit dem Zweiten Weltkrieg

Die Eisenbahnlinie hat zu ihrer Zeit dazu erheblich beigetragen. Aber dann kam der Zweite Weltkrieg, und im Jahr 1939 wurde die Strecke stillgelegt. Busse und Trucks auf neu gebauten Strassen übernahmen schneller, bequemer und billiger die Rolle der Schmalspurbahn. Ein Neubeginn nach Kriegsende misslang; die Eisenbahngesellschaft wurde im Jahr 1966 endgültig aufgelöst. Jetzt kommen die Radwanderer vorzugsweise aus dem benachbarten schweizerischen Tessin, zu Ferienzeiten auch aus Holland und Deutschland, sie radeln durch enge Schluchten, an Wasserfällen vorbei, durch schmale Gassen alter Dörfer, über Brücken, an Felswänden entlang. Ein neues, ein gesundes Abenteuer zwischen Ceresio und Lario, wie Luganer und Comer See bei den Einheimischen heißen.


Informationen gibt die Comunità Montana Valli del Lario e del Ceresio, Palazzo Gallio, Via Regina Levante 2, in Gravedona ed Uniti (Co).

Teaserfoto: Gerrit Burow, flickr.com, CC BY 2.0