Es ist ein Kleinod – und wird oft übersehen: Schloss Nienover auf einer Anhöhe am Reihertal im Naturpark Hoher Solling in Niedersachsen hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich und nun eine interessante, auch lebhafte Gegenwart. Dieses Schloss, seine Ursprünge stammen aus dem Jahr 1144, ist vorwiegend ein Anziehungspunkt für Wanderfreunde und inzwischen für Pferdeliebhaber. Denn es ist ein Gestüt geworden und somit ein bisschen zu alter Bestimmung zurückgeführt.

Wer es gebaut hat, ist nicht genau überliefert. Es könnte sein, dass es an seiner Stelle schon um das Jahr 800 in den letzten Jahren Karls des Großen einen befestigten Platz gegeben hat. Vorhandene Quellen deuten darauf hin, dass hier eine altsächsische Wallanlage bestand. Das malerische Fachwerkschloss indessen, dessen Erbauer unbekannt sind, stammt aus der Mitte des 12. Jahrhunderts und hat ein Schicksal mit etlichen Höhen und Tiefen hinter sich. Jedenfalls hatten in der Zeit des Baues die Grafen von Northeim das Erbe der Sachsenkaiser angetreten. Sie dehnten ihren Machtbereich bis an die Weser und darüber hinaus aus. Das mag der Zeitpunkt gewesen sein, da ihnen ein Stützpunkt im Grenzbereich ihres Territoriums wichtig erschienen sein musste.

Auffallend und ziemlich einmalig ist die Bauweise des malerischen Schlosses. Da der kleine Berg, auf dem es steht, keine steilen Hänge aufzuweisen hatte, errichteten die Bauherren zunächst sehr mächtige Fundamentmauern, die durch Strebpfeiler gestützt und in Hufeisenform angeordnet wurden. Dieses außergewöhnlich hohe Mauerwerk von vier bis fünf Meter Höhe – an der Südwestecke sind es sogar 11,5 Meter – ist eigentlich das auffälligste Merkmal des Bauwerkes neben dem lang gezogenen Fachwerktrakt im Obergeschoß. Er ruht auf bis zu zwei Meter dicken Natursteinwänden. Das Dach ist mit großen Sandsteinplatten gedeckt. Imposant – aus dem Mittelalter stammend – ist der große Brunnen. Seine Maße: Vier Meter breit und 30 Meter tief. Das Schlossinnere ist jünger. Barock und Rokoko dominieren. Mit reich verzierten Kaminen, Kronleuchtern und gusseisernen Ofenplatten; nicht zuletzt mit einem großen Eichentisch im Rittersaal.

Was der Wanderer oder Pferdefreund heute sieht, stammt aus der Zeit nach dem 30jährigen Krieg, denn in diesen Kriegswirren war es, mit Ausnahme der Grundmauern, fast völlig zerstört worden. Nach 1640 diente es dann als „Berg- und Jagdhaus“ der Welfenherzoge. In den Jahren 1990/92 wurde das Schloss gründlich renoviert und fungierte danach als Außenstelle der Forstwirtschaftlichen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen. Und im Jahr 2005 schloß sich der Kreis. Dieses Schloss im Naturpark Solling, in dem im Mittelalter edle Zelter, Pferde für die adligen Damen, gezogen wurden, dient wieder der Pferdezucht. Hier ist seit fünf Jahren ein großes Gestüt zu Hause.

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